Kreuzweg – Entstehung

Irgendwann sah ich ein Bild einer mehrfach, allerdings nur ungenügend gesäuberten Schiefertafel. Man konnte alles schemenhaft erkennen, was in vielen Stunden zuvor auf die Tafel gezeichnet oder geschrieben und immer wieder weggewischt wurde. Viele Stationen der Vergangenheit waren in der Gegenwart sichtbar.

Eine Idee nahm Gestalt an.
Die Passion Christi, dargestellt in Kreuzwegstationen, kennen wir aus anderen Kirchen, aus Büchern, dem Internet. Es sind Bilder, die einzeln nacheinander gemalt und dann gleichzeitig präsentiert werden. Alle Bilder existieren gleichzeitig nebeneinander.

Was ist nun, wenn man eine Schiefertafel mittels Wasser und Schwamm befeuchtet, in die nasse Oberfläche mit Kreide ein Bild malt, dieses wieder auswischt, in die Pfütze das nächste Bild malt, wieder auswischt, und so fort, bis das letzte Bild gemalt ist?

Jeder, der schon einmal versucht hat, auf einer nassen Oberfläche ein Bild zu malen, kennt das Problem: man sieht nicht, was man tut!

Regine von Chossy hat die Herausforderung angenommen. Im Dezember 2004 hat sie ohne Pause nacheinander sechs Bilder ins ungewisse Nass gemalt. Jedes Mal, nachdem die Tafel getrocknet war, habe ich das fertige Bild digital fotografiert.

Dann, mit viel Mut, folgte sozusagen der Wisch mit kaltem Wasser. Die Zeichnungen wurden unwiderruflich vernichtet. Aber einige Kreidereste blieben im Wasser und auf der Tafel und wurden wieder sichtbar zusammen mit dem jeweils neuen Bild.

Regine von Chossy zeichnete ins Ungewisse, ins Unsichtbare. Für jedes Bild hatte sie nur einige Minuten Zeit, bis die Tafel getrocknet war.

Es entstanden aus Schiefer, Kreide, Wasser und energiegeladener Kreativität sechs außergewöhnliche Bilder der Kreuzwegstationen.

Erleben Sie die Zeitlosigkeit der Passion Christi in sechs beeindruckenden Bildern, die es im Original nicht mehr gibt, die aber dennoch da sind.

Danke an die Evangelisch-Lutherische Auferstehungskirche München-Westend für den Raum solch ein Projekt verwirklichen. es wurde in alle Ostergottesdienste 2005 integriert. Drucke der Bilder sind in der Kirche aufgehängt und laden ganzjährig zu Meditation und Andacht ein.

Thomas Braach, München im April 2005