Nürnberger Nachrichten, 11.8.2004

Weite des Lebens, Ewigkeit des Todes

Aktuelle Kunst im Bamberger Dom

„Der Bote“ steht im Rücken des Bamberger Reiters Kopf. Ganz selbstverständlich, als gehörte es seit jeher dorthin, fügt sich Georg Baselitz’ Bild an die Wand des Domes. Und nicht nur dieses Bild. 22 Werke zeitgenössischer Künstler sind allein im Innenraum des Kirchenbaus ausgestellt, zahlreiche weitere Arbeiten können noch bis zum 10. Oktober im Kreuzgang an der Paramentenkammer besichtigt werden.

Die Palette der Künstler reicht von Joannis Avramidis bis Mark Tobey. Im Jahr 2002 haben das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia und die Erzdiözese Bamberg im Rahmen der Sonderausstellung „Kreuze“ erstmals moderne Kunst im Dom präsentiert. Unter dem poetischen Motto „Ewige Weite“ folgt nun das zweite Projekt. Doch nicht nur der klug gewählte Titel setzt sogleich Assoziationen frei. Auch die Kunstwerke sind sorgfältig ausgesucht und platziert. Im Ostchor weisen 14 Marmorplatten zielstrebig zum Altar. „Stab und Weg“ von Anna und Wolfgang Kubach-Wilmsen lassen hier in der Tat, wie von den Künstlern beabsichtigt, „Stein gewahr werden wie das Licht“.

Zwischen Licht und Dunkel

Licht und Dunkel, die Weite des Lebens und die Ewigkeit des Todes — aber auch der Auferstehung — stehen sich im Dom und in den unterschiedlichen Werken gegenüber. Während auf der einen Seite der Blick bei Bernd Zimmers „Feuerrad. Galaxie“ gleichsam in die Unendlichkeit des Universums eintaucht oder vom farbenfrohen „Hymnus“ Wolfgang Schröders mit emporgehoben wird, wartet auf der anderen Seite die „Schwinge des Todes“ von Georg Meistermann.

Gerade über den Stationen des Kreuzweges sind die Arbeiten behutsam gesetzt: Der Leidensweg beginnt gleichsam mit einer blutroten „Wolke“ Regine von Chossys und schließt mit Werner Knaupps Bild „Land-End“, einem tiefschwarzen Felsen in der Brandung, zugleich Ende wie Ewigkeit. Etwas experimenteller und hermetischer sind die Werke, die im Kreuzgang präsentiert werden. Hier ist der Zugang zum Thema oft weniger deutlich, doch gerade deshalb reizvoll. „Kunst hat überall dort, wo sie bedeutend ist, eine starke Beziehung zur Religion“, betonte Domkapitular Prälat Luitgar Göller bei der Eröffnung. Wie Recht er mit diesem Wort hat, selbst bei Werken, die nicht dezidiert für den sakralen Raum geschaffen wurden, zeigt diese Schau. HANNELORE PIEHLER

Ewige Weite. Skulpturen und Bilder. Eine Ausstellung im Bamberger Dom, Kreuzgang und Paramentenkammer. Bis 10. Oktober, täglich 10—17 Uhr.